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Persönliche Lese- tipps

Ina empfiehlt:

Großartiges Debüt über das Aufwachsen am Land

Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht von Jost, Julia

Kärnten, Mitte der 90er Jahre. Die Ich-Erzählerin wird als kleines Mädchen mit ihrer Familie den elterlichen Dorf-Gasthof verlassen und in die größere Stadt ziehen. Unter dem Umzugslastwagen versteckt rekapituliert sie ihre Kindheit und das Leben am Dorf zwischen Katholizismus, patriarchalen Strukturen und Aufschwung der FPÖ.

Die Klarheit ihrer Beobachtungen und Schilderungen verrät, dass die kindliche Perspektive nicht ganz wörtlich zu nehmen ist.

Julia Jost beschreibt in diesem Roman mit autobiografischen Zügen wie es ist, in einem Umfeld aufzuwachsen, in das man von Anfang an nicht hineinpasst und hineinpassen möchte. Das Buch feiert die überbordende (kindliche) Fantasie, den Humor und die Fabulierkunst, der es wohl zu verdanken ist, dass die Protagonistin an ihrer Umgebung nicht zerbricht.

Der Roman ist ein Feuerwerk an großartigen Sätzen und ein überzeugendes Porträt der gesellschaftspolitischen Stimmung in den 90er Jahren am Land. Mit Julia Jost hat eine herausragende Autorin die literarische Bühne Österreich betreten.

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Psychologischer Generationenroman

Wir sitzen im Dickicht und weinen von Felicitas Prokopetz

Der Titel lässt schon erahnen, dass es hier nicht heiter zugeht. Valerie leidet Zeit ihres Lebens unter einer egoistischen Mutter mit hohem Aggressionspotenzial und mangelnder Impulskontrolle. „Muttergefühle“ scheinen ihr fremd, während Valeries Vater nicht erst seit der frühen Scheidung durch Abwesenheit glänzt.

Valerie wird ein selbstständiges, altkluges Kind. In der Pubertät revoltiert sie, als junge Frau sucht sie Zuflucht in einer konventionellen Paarbeziehung und früher Mutterschaft, ihren Sohn kann sie, als dieser sich in der Pubertät beginnt abzunabeln, nicht loslassen.

Felicitas Prokopetz beleuchtet auch die Familiengeschichten der Eltern Valeries und somit die Dynamik verschiedener Eltern-Kind-Konstellationen, die über die Generationen hinweg Auswirkungen auf die Nachfahren zu haben scheinen. Ein hervorragend konstruiertes, psychologisch überzeugendes Porträt der Komplexität von Eltern-Kind-Beziehungen. Sehr gelungenes Debüt!

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Ein aufwühlendes Buch über unsere Beziehung zu Afrika

Trophäe von Gaea Schoeters

Auch wenn es in Gaea Schoeters Roman sehr hemingwayesk um die Großwildjagd in Afrika geht: Man muss sich nicht sonderlich für Jagd interessieren, um von diesem Buch fasziniert u sein.

Hunter White ist seit seiner Kindheit passionierter Jäger. Als er in Afrika die sogenannten Big Five mit einem Nashorn vollmachen will, macht man ihm ein schreckliches unmoralisches Angebot, dem er nicht widerstehen kann.

Dieses Buch informiert uns schonungslos über das Verhältnis zwischen dem Westen und dem afrikanischen Kontinent. Es geht um Ethik und Moral, um Reichtum und Armut und um die menschenverachtenden Auswirkungen des Kolonialismus. Wer etwas Aktuelles und zugleich Zeitloses über Afrika lesen möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Ein Buch, das lange nachhallt.

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Verbundene Schicksale

Leuchtfeuer von Dani Shapiro

Zwei Familien wohnen jahrelang nebeneinander und kämpfen mit ihren jeweils eigenen Dämonen. Das Leben der Wilfs ändert sich schlagartig, als die Kinder Sarah und Theo als Teenager einen folgenschweren Auto-Unfall verursachen. Die Ehe ihrer Nachbarn Alice und Shenkman ist in einer schweren Krise, was nicht zuletzt an ihrem Sohn Waldo liegt; er ist hochintelligent, entspricht aber nicht den Vorstellungen seiner Eltern.

Im Lauf des Romans zeigt sich, dass die Schicksale der beiden Familien durch viele Fäden verbunden sind, und dass Menschen auch Blutverwandschaft eine zentrale Bedeutung für das Leben eines anderen Menschen haben können.

Eine großartig konstruierte Geschichte, dramatisch aber kitschfrei, die man sich beim Lesen sehr gut auch verfilmt vorstellen kann. Große amerikanische Erzählkunst!

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Eine Ode an die Leichtigkeit

Das kleine Haus am Sonnenhang von Alex Capus

Alex Capus erzählt hier autobiografisch von einem kleinen Steinhaus, das er als junger Mann und beginnender Schriftsteller in Italien bewohnte. Im Erinnern an die Atmosphäre dieses spartanischen Refugiums, an die Anfänge seines Schreibens und der Beziehung mit seiner heutigen Frau schreibt der Schweizer Autor über das Leben, das Schreiben, das Land Italien und die Liebe.

Das Buch ist ein nostalgischer Rückblick an einen herrlichen Lebensabschnitt und eine Hommage an das einfache Leben. Dass das Paradies eines Tages getrübt wird und die Aufenthalte im Haus am Sonnenhang ein Ende finden, tut der Leichtfüßigkeit und unbeschwerten Stimmung dieses Büchleins keinen Abbruch. Ein wunderbares Buch über das süße Leben. Ein wunderbares, positiv stimmendes Buch!

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Wie werden wir zu dem, wer wir sind?

Lichtungen von Iris Wolff

Die großartige erzählte Lebens- und Liebesgeschichte von Lev und Kato wird quasi von hinten aufgerollt: Das Buch beginnt mit einem „Ja!“ auf eine entscheidende Frage in der Gegenwart und führt kapitelweise zurück in Levs und Katos und Kindheit. Von Kindheit an verbunden, trennen sich die Wege der beidenals Heranwachsende: Lev bleibt in seiner Heimat in Siebenbürgen; Kato macht sich als junge Frau auf den Weg, verlässt ihn und ihr Dorf.

Durch diese ungewöhnliche Erzählweise wird überzeugend beschrieben, wie es zu dem Punkt gekommen ist, an dem sich die beiden zu Beginn des Romans befinden.

Eine einfühlsam erzählte Liebesgeschichte mit wunderbaren Naturbeschreibungen und einer wunderschönen literarischen Sprache vor dem Hintergrund Rumäniens, das ich allen Leser*innen von Herzen empfehlen möchte!

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Ein feinsinniges Plädoyer für das Zwischenmenschliche

Die Verletzlichen von Sigrid Nunez

Die Erzählerin soll in der New Yorker Wohnung einer Freundin deren Papagei hüten. Dort trifft sie auf einen jungen Mann, der sich nach einem Konflikt mit seinen Eltern ebenfalls in das Apartment zurückgezogen hat. Diese Grundkonstellation ist Anlass für kluge Alltagsbeobachtungen sowie viele elegante Reflexionen über das Leben, Lieben und Schreiben und die eigene Vergangenheit.

Ein wunderbares und tröstliches Buch über die Erkenntnis, dass uns Glück geschenkt wird, wenn wir uns für andere Menschen öffnen. Große Empfehlung!

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Erzähltes, Erfundenes und Wahrhaftiges

Das Philosophenschiff von Michael Köhlmeier

Die betagte Architektin Anouk Perleman-Jacob wird in Wien geehrt; der Erzähler, ein namhafter Vorarlberger Schriftsteller, ist zum Festakt eingeladen. Anouk will ihm ihre Lebensgeschichte erzählen, vor allem von ihrer Überfahrt aus Russland mit einem Schiff, auf dem Intellektuelle auf Lenins Befehl ins Exil deportiert wurden.

„Gesagt werden soll es. Und wenn es keiner glaubt, umso besser. Aber erzählt werden soll es.“
Anouks Erzählung wird zu einer Lebensbeichte, der Schriftsteller recherchiert die Hintergründe hinter dem, was Anouk preisgibt und ergänzt die Erzählung um entscheidende Details.

Ausgehend von vielen real existierenden Personen und Ereignissen schafft Michael Köhlmeier ein kluges Verwirrspiel um Wahrheit und Erfindung, um Historie und Fiktion. Äußerst lesenswert!

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Von Naturgewalten und starken Frauen

So weit der Fluss uns trägt von Shelley Read

Vergleiche mit „Der Gesang der Flusskrebse“ sind immer mit Vorsicht zu genießen. In diesem Fall kann ich dem aber nur zustimmen: Wer von Delia Owens‘ Roman begeistert war, dem wird auch dieser Roman gefallen!

Colorado, 40er Jahre. Die junge Victoria verliebt sich, doch ihre Liebe wird ihr in ihrer von Vorurteilen geprägten Familie zum Verhängnis.

Auf der Flucht vor ihrem Zuhause sucht sie auf sich allein gestellt Schutz in der Natur. Zwischen Überlebenskampf und Selbstermächtigung verwirklicht sie eine unabhängige Existenz.

Eindringliche Naturschilderungen und das unvergleichliche Porträt einer ungewöhnlichen, starken Frau sorgen für ein fesselndes Leseerlebnis. Ein erstklassiger Unterhaltungsroman.

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Psychologische Hochspannung in den Hamptons

Die Einladung von Emma Cline

Alex verbringt die Sommertage bei ihrem wohlhabenden Liebhaber in den Hamptons. Nachdem sie einen Schaden an Simons Auto verursacht, den sie zu vertuschen versucht, wird sie aus dem Paradies vertrieben. Die folgenden Tage bis zur geplanten großen Gartenparty, bei der Alex sich Versöhnung erhofft, versucht sie sich auf eigene Faust in der Welt der Reichen und Schönen durchzuschlagen.

Situationselastisch schlüpft sie in verschiedene Rollen und schreckt dabei vor keiner Grenzüberschreitung zurück - bis ihr Leben langsam komplett aus dem Ruder gerät.

Ein unglaublich spannendes Buch, mit einer Antiheldin, die man nicht so schnell vergisst. Der Roman wurde wegen seiner psychologischen Raffinesse zurecht mit Patricia Highsmith’s Ripley-Romanen verglichen. „Unputdownable“, wie man im Englischen sagen würde..

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