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Das eiserne Herz des Charlie Berg /
Roman

Autor: Sebastian Stuertz

Deutsch
2020 - btb Verlag

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€ 9,99

Inhalt

Kurztext / Annotation
Charlie Berg hat ein schwaches Herz und die feine Nase eines Hundes. Das einzige, was ihn seine Eltern gelehrt haben: Zwei Künstler sollten nie Kinder bekommen! Es sind die frühen 90er, Charlie will ausziehen, nicht mehr der Depp der Familie sein, der alles zusammenhält, während Mutter am Theater die Welt verstört und Vater wochenlang bekifft im Aufnahmestudio sitzt. Die Zivistelle im Leuchtturm ist zum Greifen nah - da läuft alles aus dem Ruder: Auf der Jagd mit Opa trifft ein Schuss nicht nur den Hirsch, sondern auch Opa. Und Charlies heimliche große Liebe Mayra, seine Videobrieffreundin aus Mexiko? Hat nichts Besseres zu tun, als den Ganoven Ramón zu heiraten...

Sebastian Stuertz, geboren 1974 und aufgewachsen am Steinhuder Meer, war jahrelang Musiker mit überschaubarem Erfolg, bevor er sich dem Schreiben widmete. Er animiert Grafiken für Film und TV und arbeitet als Dozent für Motion Design. Seit Beginn des Jahrtausends lebt er mit seiner Familie in Hamburg. Sein Debütroman von 2020, »Das eiserne Herz des Charlie Berg«, wurde mit dem Hamburger Förderpreis für Literatur ausgezeichnet und war Finalist beim Klaus-Michael Kühne-Preis. 2021 erschien die Audio-Miniserie »Ruslan aus Marzahn«, nominiert für den Deutschen Hörbuchpreis.

Textauszug
Der rote Riese

Bevor wir aufbrachen, kochte ich Hirschgulasch - nach Omas Rezept. Ich war der Letzte, der es zubereiten konnte. Als auch Oma noch in der Lage dazu war, hatten wir gerade die VHS-Kamera ganz neu. Gleich auf meiner ersten Kassette filmte ich sie beim Kochen, sie schnibbelte und erklärte, Mayra ging ihr zur Hand, ich wog, maß und notierte alles minutiös, was Oma nach Gefühl in den Topf schmiss. Ihr Gulasch zeichnete sich durch eine Reihe von Zutaten aus, die in keinem anderen Rezept auftauchten: zum Beispiel der Beifuß, mit seinem leicht kampferartigen Aroma. Oder die Nadeln einer japanischen Schwarzkiefer, die in einem kleinen Stoffsäckchen mitgekocht wurden. Dazu wurde das Ganze am Ende mit Piment, Zimt und einer beträchtlichen Menge Thymianhonig in die Nähe einer weihnachtlichen Süßspeise abgeschmeckt, die mit dem herben Wildgeschmack, dem bitteren Geist der Kiefernnadeln und viel frisch gemahlenem Anispfeffer eine polyamoröse Beziehung einging, in der Eifersucht kein Thema war.

Nachdem ich in Opas Küche alles klein geschnitten, mehliert, angebraten, angegossen und aufgekocht hatte, drehte ich die Hitze herunter und hängte das Säckchen mit den Kiefernnadeln in den Topf. Das Gulasch musste nun noch mindestens eine Stunde bei leiser Flamme köcheln. Die Zeit wollte ich nutzen, um in meinem Labor das Meeresparfum anzumischen.

Ich ging nach unten, zu meinen Fläschchen, Kolben, Pipetten, der Waage, holte das Notizbuch heraus und machte mich an die Arbeit. Ich musste nur ein paar Verhältnisse nachbessern, bereits die zweite Mixtur saß. Die korrigierten Dosierungen der Riechstoffe notierte ich in meiner Formelsammlung, etikettierte die Mischung mit Datum und dem Namen des Duftes - Allegorese der See -, füllte mir ein kleines Fläschchen ab und verstaute es in meiner Reisetasche. Die große Flasche stellte ich zu den anderen ins Regal.

Dann warf ich mich in die Camouflage-Kluft, zog die Stiefel an, nahm meine Steyr aus dem Gewehrschrank und ging hoch zu Opa. Während er sich um den Reis kümmerte und den Tisch deckte, ölte und reinigte ich mein Gewehr.

Satt, gut getarnt und noch besser gelaunt fuhren wir los. Ich griff nach hinten, holte die Videokamera aus der Tasche und filmte, obwohl das Tageslicht hier, wo der Wald dichter wurde, bereits zu schwinden begann. Ich hielt auf Opa, er tippte sich an den Hut und verbog seinen Mund zu einem Grinsen. Es ging sanft bergauf. Kleinere Rudel junger Hirsche standen abseits des Waldweges in Schussweite. Als wir mit dem Pick-up langsam vorbeirollten, beobachteten sie uns geduckt, jederzeit bereit loszuspringen. Es wäre ein Leichtes gewesen, zwei vom Auto aus zu erledigen. Aber wir hatten anderes im Sinn. Auf unserem Abschussplan stand ein Klasse-I-Hirsch: Der »rote Riese«, so getauft wegen seiner auffälligen Deckenfärbung und überdurchschnittlichen Größe. Ein Sechzehnender mit über acht Kilo Geweihgewicht, Opa beobachtete ihn schon seit Längerem. Er wusste, wo sich der Riese während der Brunft herumtrieb: auf der Wildwiese gleich bei Omas Koniferengalerie.

Die Sicht wurde wieder besser, als wir auf den kantigen, weißen Kies der Lichtung rollten. Knirschend brachte Opa das Auto nah am Zaun zum Stehen, der staubige Geruch des Gerölls kroch trotz geschlossener Fenster zu uns herein. Hier parkten auch die Busse mit den Schulklassen, wenn im Rahmen des Biologieunterrichts eine Exkursion zur berühmten Nadelbaumsammlung meiner Großmutter auf dem Programm stand - einer der seltenen Momente, an dem das einzige Tor zum komplett umzäunten Privatwald der Familie Faunichoux geöffnet wurde. Sonst hatte man nur vom Herrenhaus aus Zugang zu dem über hundert Hektar großen Waldgebiet.

Wir stiegen aus und schulterten die Gewehre. Ich öffnete das Zahlenschloss, mit dem das Tor verschlossen war, 3-1-1-2, Omas Geburtstag. Opa übernahm die Kamera, ich löste die Sicherheitsnadel, stach mir in den linken Handrücken, et

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Buchdetails

Titel: Das eiserne Herz des Charlie Berg
Untertitel:Roman
Autor:Sebastian Stuertz
Verlag: btb Verlag
Erscheinungsjahr:2020
Sprache:Deutsch
720 Seiten
ISBN-13: 978-3-641-24917-5

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