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Der Fremde aus ParisOverlay E-Book Reader

Der Fremde aus Paris /
Roman

Autor: Isabella Hammad

Übersetzt von: Henning Ahrens
Deutsch
2020 - Luchterhand Literaturverlag; Jonathan Cape

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€ 9,99

Inhalt

Kurztext / Annotation
Montpellier, zu Beginn des Ersten Weltkriegs: Als der junge Palästinenser Midhat von Bord eines Dampfers aus Alexandria geht, ist das für ihn der Aufbruch in eine strahlende Zukunft. Begierig wirft er sich in sein Medizinstudium, saugt die französische Kultur auf, verliebt sich in die emanzipierte Jeannette. Doch in den vom Krieg aufgeschreckten bürgerlichen Salons bleibt Midhat ein Fremder - und muss lernen, wie zerbrechlich alles ist: aus Freunden werden Feinde, aus Liebe wird Verrat. Er flüchtet sich in das exzessive Treiben in Paris und von dort zurück in die strenge väterliche Obhut nach Palästina. Doch auch aus seiner Heimat ist im Streben um Unabhängigkeit mittlerweile ein Pulverfass geworden...

Virtuos erzählt Isabella Hammad vom Leben eines Grenzgängers und Wurzellosen. Es ist der bewegende Roman einer Liebe zwischen den Kulturen und das Epos einer Zeitenwende - von klassischer Brillanz und unerhörter Aktualität.

ISABELLA HAMMAD wuchs in London auf, lebt in London und New York. Ihr Debütroman »Der Fremde aus Paris« ist angelehnt an die Geschichte ihres eigenen Urgroßvaters. Der Roman wurde weltweit in 16 Länder verkauft und ist für den Observer eines der wichtigsten Debüts sowie für die New York Times einer der wichtigsten Romane 2019. Er wurde nominiert für den Walter Scott Prize for Historical Fiction sowie den Edward Stanford Fiction Award und ausgezeichnet mit dem Betty Trask Award.

Textauszug
1

Auf dem Dampfer von Alexandria nach Marseille gab es einen weiteren Araber, er hieß Faruq al-Azmeh. Am zweiten Tag der Reise steuerte er mittags auf Midhat zu, einen Teller mit Toast und eine Gebetskette aus Bernstein in den Händen. Er setzte sich, zupfte an den Aufschlägen seines Hemdes und erklärte ohne Umschweife, er sei auf dem Rückweg von Damaskus, um seine Tätigkeit als Sprachdozent an der Sorbonne wieder aufzunehmen. Er habe Paris bei Ausbruch des Krieges verlassen, wolle nach dem Wunder an der Marne aber unbedingt zurückkehren. Er hatte graue Augen und einen kantigen Kopf.

»Baris.« Er seufzte. »Dort ist mein Leben.«

Diese Worte beflügelten die Phantasie des jungen Midhat Kamal. Er stellte sich Rampenlichter vor, die einen Tanzsaal voller Frauen beleuchteten. Er musterte Faruqs Kleidung, den graublauen Dreiteiler und die indigoblaue Krawatte mit der silbernen Nadel in Vogelgestalt. Ein schlichter Spazierstock aus dunklem Holz lehnte am Tisch.

»Ich will Medizin studieren«, sagte Midhat. »An der Universität Montpellier.«

»Bravo«, sagte Faruq.

Midhat lächelte, als er nach der Kaffeekanne griff. Auf einmal entspannten sich Muskeln, deren Verkrampfung ihm gar nicht bewusst gewesen war.

»Sie besuchen Frankreich zum ersten Mal«, sagte Faruq.

Midhat nickte stumm.

Fünf Tage waren vergangen, seit er in Nablus von seiner Großmutter Abschied genommen hatte und auf einem Maulesel nach Tulkarem geritten war. Von dort war er mit der Haifa-Bahn bis El Qantara gefahren und in den Zug nach Kairo gestiegen. Nach ein paar Tagen im Haus seines Vaters war er in Alexandria an Bord des Schiffes gegangen. Er hatte sich an die endlose Wasserfläche gewöhnt, von weißen Schaumkronen durchsetzt und silbern glitzernd im Sonnenlicht. Mittagessen gab es um eins, Tee um vier, Dinner um halb acht, und anfangs saß er allein da und beobachtete, wie die Europäer mit Messer und Gabel aßen. In einem vollen Raum entwickelte er die Angewohnheit, nach dem roten Schopf des Kapitäns Ausschau zu halten, ein Franzose namens Gorin, und nach dem Dinner sah er zu, wie dieser die Brücke, wo er dem Steuermann Anweisungen gab, betrat und wieder verließ.

Gestern hatte er sich dann einsam gefühlt. Urplötzlich. Als er am Bug saß und auf den Kapitän wartete, wurde ihm sein an der Bank lehnender Hinterkopf bewusst, ein Gefühl, das auf bizarre Art schmerzhaft war. Er spürte, wie seine Beine aus dem Becken ragten. Seine Nase, sonst unsichtbar, wuchs auf die doppelte Größe an und ragte ins Blickfeld. Seine ganze Gestalt war eine harte, schwere, wunde Last, sein Herz schlug rasend schnell. Er glaubte, das Gefühl werde verfliegen. Aber so war es nicht, und abends fand er die Gespräche mit dem Quartiermeister, den Stewards im Speisesaal und den anderen Passagieren überraschend mühsam. Sie merkten doch sicher, wie wund seine Haut war. Nachts drückte er immer wieder auf die Aufzugskrone seiner Taschenuhr und klappte den Deckel über dem weißen Zifferblatt auf. Das Ticken schläferte ihn ein. Dann erwachte er wieder, und wenn er im weiteren Verlauf der Nacht nach der Uhrzeit schaute, bildete er sich ein, in den langsam vorrückenden Zeigern die Regungen eines monströsen Geschöpfs erkennen zu können.

Deshalb lächelte er seinen neuen Freund nun erleichtert an. Er hatte das Gefühl, dass seine zuletzt harten Konturen etwas weicher wurden.

»Welche Vorstellung haben Sie?«, fragte Faruq.

»Wovon? Von Frankreich?«

»Vor meiner Ankunft hatte ich zig Bilder im Kopf. Manche erwiesen sich als zutreffend. Manche waren ...« Er drückte die Lippen mit den Fingern zusammen und lächelte selbstironisch. »Perücken zum Beispiel waren eine fixe Idee von mir. Sie wissen schon, künstliche Haare. Ich kann nicht genau sagen, wie ich darauf gekommen war, vermutlich hatte ich eine alte Zeichnung gesehen.«

Midhat brummte, als würde er nachdenken, und schaute

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Buchdetails

Titel: Der Fremde aus Paris
Untertitel:Roman
Untertitel:Übersetzt von: Henning Ahrens
Autor:Isabella Hammad
Verlag: Luchterhand Literaturverlag; Jonathan Cape
Erscheinungsjahr:2020
Sprache:Deutsch
736 Seiten
farbige Landkarten
ISBN-13: 978-3-641-25048-5

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