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Das ungeschminkte LebenOverlay E-Book Reader

Das ungeschminkte Leben /
Autobiographie

Autor: Maryse Condé

Übersetzt von: Beate Thill
Deutsch
2020 - Luchterhand Literaturverlag; JC Lattès

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Inhalt

Kurztext / Annotation
Ein Leben fernab der üblichen Pfade
»Ich blickte hinauf zum sternenübersäten Himmel und wünschte mir leidenschaftlich ein neues Leben.«

Maryse Condé wird als jüngstes von acht Kindern auf der französischen Karibikinsel Guadeloupe geboren und gilt heute als »Weltbürgerin und Grande Dame der frankophonen Literatur« (BR 2). In ihrer Autobiographie lässt sie ihre frühen Lebensjahre wiederaufleben. Die Zeit als junge Studentin im Paris der 1950er-Jahre, als alleinerziehende, mittellose Mutter, die wagemutig nach Westafrika geht und als Lehrerin miterlebt, wie der Kontinent von politischen Auseinandersetzungen erschüttert wird.

Mit entwaffnender Offenheit schildert Maryse Condé ein Leben fernab der üblichen Pfade und zeichnet das Bild einer unerschrockenen Frau, die die gesellschaftlichen und politischen Widersprüche ihrer Zeit erkannte und sich »nie scheute, gegen den Strom zu schwimmen« (Neue Zürcher Zeitung).

Maryse Condé, 1934 in Pointe-à-Pitre auf Guadeloupe geboren, gilt als eine der großen Erzählstimmen unserer Zeit. Mit 16 Jahren ging sie zum Studium nach Paris und lebte später mehrere Jahre in Westafrika. Maryse Condé unterrichtete u.a. an der Sorbonne und war Professorin für französische Sprache und Literatur an der Columbia University in New York. Bekannt wurde Maryse Condé durch die Familiensaga »Segu«, in der sie die Geschichte der westafrikanischen Familie Traoré erzählt. Sie wurde u.a. mit dem Prix de l'Académie Française, dem Prix Marguerite Yourcenar sowie dem Alternativen Literaturnobelpreis ausgezeichnet. 2020 wurde ihr in Frankreich der nationale Verdienstorden verliehen. Maryse Condé verstarb im April 2024 im Alter von 90 Jahren.

Textauszug
»Lieber schlecht verheiratet
als ein 'gefallenes Mädchen'«

Sprichwort aus Guadeloupe

Ich lernte Mamadou Condé 1958 im Wohnheim für Studenten aus Westafrika in Paris kennen, einem großen verlotterten Bau am Boulevard Poniatowski. Da sich damals für mich alles um Afrika, seine Vergangenheit und seine Gegenwart drehte, hatte ich mich kurz zuvor mit zwei jungen Frauen aus Guinea vom Stamm der Peul angefreundet. Sie hießen Ramatoulaye und Binetou. Wir waren uns bei einer politischen Veranstaltung in der Salle des Sociétés Savantes begegnet. Die beiden stammten aus Labbé. Als sie mir die vergilbten Fotos ihrer stolzen Eltern zeigten, wie sie in damastenen Boubous vor ihren strohgedeckten Rundhütten saßen, kam ich ins Träumen.

Das Studentenheim war vor allem zugig. Ramatoulaye, Binetou und ich saßen in der Eingangshalle, wo ein winziger Kohleherd brannte, und tranken eine Tasse Grüntee mit Minze nach der anderen, um uns zu wärmen. An einem Nachmittag gesellte sich dort eine Gruppe Guineer zu uns.

Condé hieß bei allen »der Alte«, ich ließ mir sagen, das sei eine Respektsbezeugung, aber da er schon graue Haare bekam, erschien er auch älter als die meisten Studenten. Außerdem sprach er in dem bestimmten Ton eines Weisen, der ewige Wahrheiten von sich gibt. In seinen Papieren war seine Geburt »um 1930« angegeben, was in gewissem Widerspruch zu seinem Äußeren und seinem Benehmen stand. Condé war stets kalt, und er hatte einen dicken handgestrickten Wollschal um den Hals geschlungen. Unter seinem erdfarbenen Wintermantel trug er noch zwei oder drei Pullover. Als er mir vorgestellt wurde, war ich überrascht. Ein Schauspieler, der am Konservatorium für Darstellende Künste studierte? Seine Aussprache ließ einiges zu wünschen übrig. Seine hohe Stimme hatte nichts von einem Bariton. Ganz ehrlich! Zu anderen Zeiten hätte ich kaum das Wort an ihn gerichtet. Aber mein bisheriges Leben lag in Scherben. Das Mädchen von früher gab es nicht mehr.

Denn die arrogante Maryse Boucolon, Nachfahrin der »Grands Nègres«, erzogen in der hochmütigen Verachtung für die unter ihr Stehenden, war tödlich verletzt worden. Ich mied meine früheren Freunde und hatte nur einen Wunsch: Sie sollten mich vergessen. Ich besuchte nicht mehr das Lycée Fénelon, war auch nicht mehr stolz darauf, eines der ganz wenigen Mädchen aus Guadeloupe zu sein, das sich für die Aufnahmeprüfung zu einer der französischen Elitehochschulen vorbereitete und zudem alle Chancen hatte, angenommen zu werden. Aber das war beileibe nicht das einzige Ruhmesblatt gewesen, mit dem ich mich vormals schmücken konnte. Nachdem die Zeitschrift Esprit einen Vorabdruck von Frantz Fanons Schwarze Haut, weiße Masken veröffentlicht hatte, hatte ich einen Leserbrief an die Redaktion verfasst, in dem ich meine Empörung zum Ausdruck brachte. Ich fand Fanons Schilderung der antillischen Gesellschaft herabsetzend und behauptete, er habe unsere Gesellschaft einfach nicht verstanden. Ich war höchst überrascht, als ich daraufhin von Jean-Marie Domenach, dem Verleger höchstpersönlich, in die Redaktion in der Rue Jacob eingeladen wurde, um meine Kritik darzulegen. Und das mit nicht mal zwanzig Jahren.

Aber nach diesen ruhmreichen Tagen war der Haitianer Jean Dominique in mein Leben getreten. Jonathan Demme hat später den Dokumentarfilm The Agronomist über ihn gedreht. Darin wird Jean Dominique geradezu als Heiliger dargestellt. Ich erinnere mich nicht mehr genau, wie ich diesen Mann kennenlernte, dessen Verhalten so weitreichende Folgen für mein ganzes Leben haben sollte. Es war eine hochintellektuelle Liebe. Da ich in splendid isolation aufgewachsen war, wusste ich nichts von Haiti. Jean Dominique klärte mich nicht nur sexuell auf, sondern brachte mir auch die Heldengeschichte der »vielfarbigen Afrikaner« nahe, wie Napoleon Bonaparte sie abfällig nannte. Durch Jean erfuhr ich vom Martyrium Toussaint Lo

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Buchdetails

Titel: Das ungeschminkte Leben
Untertitel:Autobiographie
Untertitel:Übersetzt von: Beate Thill
Autor:Maryse Condé
Verlag: Luchterhand Literaturverlag; JC Lattès
Erscheinungsjahr:2020
Sprache:Deutsch
304 Seiten
ISBN-13: 978-3-641-24982-3

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